Was ist EMPAMOS?
EMPAMOS ist ein von Prof. Dr. Thomas Voit geleitetes, interdisziplinär ausgerichtetes Forschungsprojekt mit einem Team aus verschiedenen Disziplinen und diversen Kooperationspartnern.
Die Ziele des Projekts sind die EMPirische Analyse MOtivierender Spielelemente sowie die daraus resultierende Identifizierung motivierender Spielmechanismen, damit diese Elemente und Mechaniken auch außerhalb von Spielen Anwendung finden können.
Im Rahmen des Projekts wurden verschiedene Methoden und Werkzeuge entwickelt, um auf systematische und empirisch fundierte Weise Gameful Design- bzw. Gamification zu praktizieren. Diese Instrumente stehen allen EMPAMOS-Anwender*innen für den Einsatz in ihren eigenen Arbeitskontexten zur Verfügung. So ein Kontext kann z.B. der Unterricht, die Lehre oder ein anderes Lernangebot sein.
Durch den Einsatz der EMPAMOS-Instrumente können Spielelemente in diesen Kontexten erkannt und gezielt ergänzt werden. So werden Netzwerke aus gut zueinander passenden Elementen entwickelt. Die Werkzeuge helfen auch dabei, sowohl motivierende Aspekte als auch typische Hürden, sogenannte „Misfits,“ in diesen Kontexten ausfindig zu machen.
Was gehört zur EMPAMOS-Toolbox?
Der EMPAMOS-Werkzeugkoffer umfasst zunächst einige Motivations-Karten, die wesentliche Motivationsdimensionen repräsentieren. Für mich waren es diese Dimensionen, die mein Interesse an EMPAMOS ursprünglich geweckt hatten.
Warum? Weil ich von ihrer enormen Bedeutung als Werterichtlinien für die Gamifizierung jeglicher Inhalte seit Langem absolut überzeugt bin.
Nicht nur, weil sie einem großen Gamification-Problem, der „Zombification“, entgegenwirken. Sondern weil sie den Fokus auf das richten, was uns Menschen – nicht nur in Spielen – im Innersten begeistert und antreibt. Diese Dimensionen sind Eckpfeiler meiner Gamification-Praxis. Sie bieten mir eine grundsätzliche Orientierung, um motivierende Lernangebote zu entwickeln. Deshalb visualisiere ich sie auch gerne als Gamification-Kompass.
Die Karten umfassen kurze Erklärungen sowie Brainstorming-Impulse in Form knapper Fragen. Sie helfen dabei, den jeweiligen Motivationsaspekt in dem konkreten Kontext, an dem man arbeitet, zu identifizieren.
Ähnlich aufgebaut sind sogenannte Design Misfit-Karten, die dabei helfen zentrale Hürden im gegebenen Kontext, also z.B. in der Unterrichts- oder Lehrsituation, ausfindig zu machen. Diese Karten stellen gewissermaßen den Ausgangspunkt für viele der Methoden im EMPAMOS-Konzept dar.
Auch die über 90 Spielelemente-Karten sind nach dem oben genannten Muster aufgebaut. Darüber hinaus bieten sie zusätzliche Informationen, um verschiedene Elemente miteinander zu verbinden. So kann man – ebenfalls unterstützt durch einzelne EMPAMOS-Methodenvorschläge – gezielt vorhandene Spielelemente im gegebenen Kontext identifizieren und neue Elemente ergänzen.
Hinzu kommen noch Hinweise zu verschiedenen Design Thinking-Phasen im EMPAMOS-Design-Prozess sowie der EMPAMOS-Canvas.
Im EMPAMOS-Design-Prozess durchläuft man Phasen, wie sie für das Design Thinking typisch sind. Dabei kommen die verschiedenen Werkzeuge, also die Methodenvorschläge, die Motivationsprobleme-, Misfit- und Spielelemente-Karten zum Einsatz. Wie man diesen Prozess genau durchläuft, hängt immer wieder von der konkreten Problemstellung ab, an der man arbeitet.
Beim Canvas handelt es sich um ein Template, das uns durch die verschiedenen Design-Phasen steuert und ebenfalls dabei hilft, die Werkzeuge zweckmäßig anzuwenden.
Hat man das zweite Weiterbildungsmodul absolviert (s.u.), erhält man auch Zugang zur Künstlichen Intelligenz. Sie bietet Algorithmen und Vorschläge zur Kombination empirisch belegter Verbindungen von Spielelementen, die sich in Brettspielen als motivierend erwiesen haben.
Wie nutze ich die EMPAMOS-Werkzeuge?
Im Sommer 2021 habe ich die EMPAMOS-Module 1 und 2 absolviert und mich so zur Anwendung der oben erwähnten Tools und Methoden fortgebildet. Diese Weiterbildungsmodule sind Voraussetzung dafür, dass man mit EMPAMOS arbeiten kann. Das erscheint mir durchaus sinnvoll, denn ohne die Weiterbildungsmodule wäre es vermutlich ein bisschen wie Autofahren ohne Führerschein. Gerade bei der Arbeit mit der KI muss man erst einmal erlernen, wie sie gesteuert werden kann.
Im vergangenen Jahr habe ich die verschiedenen Tools und Methoden dann zur Entwicklung eines Selbstlernangebots verwendet sowie bei der Gestaltung einzelner Lernaufgaben, zur persönlichen Weiterbildung und zur Beratung bei der Konzeption einer Lernarchitektur im Hochschulverbundprojekt HD@DH.nrw – Hochschuldidaktik im digitalen Zeitalter.
Erkenntnisse, Stärken und Herausforderungen bei der Arbeit mit der EMPAMOS-Toolbox
Dabei konnte ich einige Erfahrungen sammeln, die ich beim EMPAMOS-Netzwerk-Treffen 2022 mit anderen Anwender*innen geteilt habe. Diese Erfahrungen sind hier überblicksartig aufgeführt.
Auf drei dieser Erfahrungen möchte ich an dieser Stelle etwas genauer eingehen.
Eine KI als kreative Partnerin
Als Designer von Lernangeboten – also als Educational Designer – bin ich immer auf der Suche nach Methoden und Tools, die meine Arbeit erleichtern und bereichern.
EMPAMOS bietet da sehr viel Interessantes, meine „Lieblingsmethode“ in der letzten Zeit war aber das „Brainstorming im Dialog mit der KI.“
EMPAMOS bietet verschiedene Methodenvorschläge, wie die KI zielführend genutzt werden kann. Diese sollte man auch unbedingt beachten, wenn man mit der KI funktionale Ergebnisse erzielen möchte.
Darüber hinaus kann die Arbeit mit der KI aber auch eine besondere Qualität annehmen, die eine sehr kreative Erfahrung bietet. Eine Erfahrung, die meines Erachtens den Design-Prozess auf ihre ganz eigene Weise bereichert.
Wenn man sich die KI als Partnerin vorstellt, mit der man in einen Dialog tritt, bei dem sie ihre eigenen Ideen einbringt, dann kann man regelrecht Ideen hin und her werfen. Wie beim Brainstorming mit menschlichen Kolleg*innen.
Voraussetzung ist hier allerdings, dass man für diesen Moment die KI nicht als bloßes Werkzeug betrachtet, das exakt das tut, was man möchte. Man muss willens sein, sich auf diese kreativere Perspektive einzulassen.
Die Sache mit dem „Chocolate-Covered Broccoli“
Eine weitere wesentliche Erfahrung in der Arbeit mit den EMAPMOS-Werkzeugen ist der Fokus auf die bereits vorhandenen Elemente, die der spielfremde Kontext bietet.
Im Kontext eines Lernangebots wären das z.B. die Lernenden, die Lernumgebung, die Lernziele oder die Lerninhalte. Sie alle werden als Spielelemente gedeutet, um zunächst mit diesen vorhandenen Elementen zu arbeiten – anstatt das Lernangebot wahllos mit irgendwelchen neuen Spielelementen zu überschütten.
Das ist in meinen Augen eine große Stärke. Denn dieses Vorgehen hilft den gefürchteten Chocolate-Covered Broccoli zu vermeiden, also den mit Schokolade überzogenen Brokkoli.
Das ist eine Analogie aus dem Bereich des Serious Gaming und Game-Based Learning, die für problematische Angebote steht, bei denen versucht wird die gesunden Lerninhalte (Brokkoli) unter süßen, aber leider wahllosen Spielinhalten (Schokolade) zu verstecken.
Systems Thinking, Szenarien und Didaktische Design-Muster
Ich habe die EMPAMOS-Tools auch bei der Entwicklung eines Selbstlernangebots angewendet, bei dem ich mich an einem sogenannten didaktischen Szenario orientiere, dem Quest-Based Learning (QBL). Es eignet sich für die Organisation ganzer Lerneinheiten. Die Lerninhalte werden in eine Mission eingebunden. Die Mission wiederum ist in einzelne Abenteuer, die sogenannten Quests, aufgeteilt.
Ein didaktisches Szenario kann im Grunde als idealtypisches Modell, als Entwurf oder als Muster für eine bestimmte Lernsituation betrachtet werden. Man kann es auch als Netzwerk deuten, das aus den Elementen besteht, die in der gegebenen Lernsituation vorkommen. Diese Darstellung eines QBL-Szenarios als ein EMPAMOS-Netzwerk aus verschiedenen Spielelementen verdeutlicht das:
Und weil der EMPAMOS-Werkzeugkoffer meinen Fokus auf die Arbeit mit derartigen Netzwerken richtet und mir hilft, in Systemen zu denken, passt er sehr gut zum Ansatz des Didaktischen Designs.
Diesen Ansatz verfolge ich bei meiner täglichen Arbeit mit Lernangeboten. Man arbeitet dabei ebenfalls im Sinne des Design Thinking. Und man identifiziert einzelne Elemente in Lernsituationen, um diese angemessen zu berücksichtigen – z.B. die Bedarfe der Lernenden oder die Lernziele – oder um sie gezielt auszuwählen und anzupassen – z.B. die Medien und Methoden.
Gemeinsam Lösungen im Bildungsbereich entwickeln
Die Suche nach effektiven didaktischen Szenarien und Mustern, das ist für mich eines der vielversprechendsten und spannendsten Anwendungsgebiete des EMPAMOS-Werkzeugkoffers im Bildungsbereich.
Z.B. um Lösungen zu entwickeln für aktuelle Herausforderungen wie hybrides Lernen. Oder um motivierende Lernangebote zu entwickeln, die projektbasiertes oder problembasiertes Lernen umsetzen.
Das ist im Grunde das Ziel für meine weitere Arbeit mit dem EMPAMOS-Werkzeugkoffer. Gerne tausche ich mich hierzu mit anderen Akteuren im Bildungsbereich und im EMPAMOS-Netzwerk aus oder beteilige mich an Kooperationsprojekten. Wer Interesse hat, kann sich sehr gerne bei mir melden.
Titelbild: Screenshot EMPAMOS, https://www.empamos.de/de/, Stand 20.10.22
Disclaimer: Ich bin nicht am EMPAMOS-Forschungsprojekt beteiligt, wurde nicht gesponsort und habe keine Rezensionsmaterialien erhalten. Die Kosten für die Teilnahme an den EMPAMOS-Weiterbildungsmodulen habe ich selbst getragen.